Was brauchen Sie heute im Beruf, was Sie im Studium nicht gelernt haben?
Einiges. Den Einsatz geeigneter Lernmethoden, die Anwendung von Abstraktionstechniken und Verknüpfungsstrategien, aber auch eine situative Gesprächsführung und Projektmanagement. Bei all diesen Punkten besteht eine Verbindung zu klassischen Soft Skills. Vieles ist durch Erfahrung erlernbar, aber das Wissen um ein Instrumentarium hilft ungemein. Von unserem Team, das sich aus 60 Berufsgruppen zusammensetzt, lerne ich täglich dazu. Wissbegierde und intrinsische Motivation sind heute unabdingbar!
Welches wissenschaftspolitische Problem lässt sich ohne Geld lösen?
Die Art, wie wir Bildung und damit Fortschritt für das Gemeinwohl generieren. Dafür muss es zwischen Lehrenden und Lernenden mehr Austausch geben. Wir brauchen zudem mehr Freiräume für informelles Lernen. Wenn ich junge Leute stärker einbinde und selbstbestimmt lernen lasse, übergebe ich ihnen Verantwortung. Sie sind dann auch mehr für ihren eigenen Lernerfolg zuständig. Das funktioniert nur, wenn ich junge Menschen inspiriere und ihnen glaubhaft vermittle: ¬Ihr seid die Gestalter der Zukunft!
Lektüre muss sein. Welche?
Beeindruckt hat mich „Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen“ von Yuval Harari. Er beschreibt anhand der Menschheitsgeschichte, wie Menschen im Zeitalter der Digitalisierung zunehmend die Kontrolle verlieren. Die humanistische Wertebasis einer Gesellschaft bröckelt, und Technik ist nicht mehr ein Weg, sondern ein Irrweg in die Zukunft. Die Wissenschaft als Schlüssel zum Verständnis des Universums – das schildern spannend Brian Cox und Jeff Forshaw in „Was wiegt das Universum?“
Und sonst so?
Wenn es nicht gelingt, Wohlstand gerechter zu verteilen, das Zusammenleben zu zivilisieren und Lebensräume zu erhalten, wird das 21. Jahrhundert schwierig. Der Schlüssel sind Bildung und soziale Intelligenz.
Dieser Fragebogen erschien ursprünglich in der Wochenzeitung DIE ZEIT (Ausgabe 25/2020 vom 10.06.2020) sowie im hochschulpolitischen Newsletter ZEIT WISSEN3 (zeit.de/wissendrei).