Halbmond über dem Meer

„Wissen über Kulturen und Religionen zu teilen, ist immer ein guter Ansatz.“

2. März 2023

In der islamischen Kultur sind Astronomie und Religion eng miteinander verbunden. Insbesondere dem Mond kommt eine große Bedeutung zu. Welche? Das können Zuschauerinnen und Zuschauer bei der Live-Show „Zeit des Mondes“ im Science Dome der experimenta erfahren.

Die Show ist gemeinsam mit der RAA Berlin (Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie) entstanden, die sich für Integration junger Menschen einsetzt und entsprechende Inklusionsprojekte unterstützt. Wir haben mit Tanja El Ghadouini von der RAA-Außenstelle in Heilbronn gesprochen und sie gebeten, einen kleinen Einblick in die Bedeutung des Mondes in der islamischen Kultur zu geben.

Frau El Ghadouini, inwiefern hängt der Mond mit der islamischen Zeitrechnung zusammen?
Das islamische Jahr ist ein zwölfmonatiges Mondjahr und die islamischen Monate richten sich noch genau nach dem Mondzyklus, der mit der zunehmenden Mondsichel beginnt, im Vollmond die Mitte des Monats erreicht und mit der abnehmenden Mondsichel dem Ende zusteuert. Im Alltag richten sich Muslime und Musliminnen zwar auch nach den Monaten des üblichen Sonnenkalenders, aber gerade zu den besonderen Feiertagen und Festen schaut man wieder auf die islamischen Monate. Anfang Februar waren wir noch im Monat Radschab, dann kommt der Monat Schaban und schließlich startet der bekannte Fastenmonat Ramadan.

Gibt es noch andere Feste oder Traditionen im Islam, die mit dem Mondzyklus verbunden sind?
Eigentlich ist jedes Fest und auch fast jede Tradition mit dem Mondzyklus verbunden. In der Mitte jedes Monats gibt es zum Beispiel besondere Fastentage, die sogenannten weißen Nächte  – orientiert an der Helligkeit der Vollmondnächte. Die Pilgerfahrt nach Mekka findet ihren Höhepunkt am 9. Tag des Monats Dhul-Hiddscha, der natürlich auch mit dem Neumond beginnt und das darauffolgende Fest, das Opferfest, beginnt am 10. desselben Monats. Und man darf nicht vergessen, dass ein „Tag“ im Islam immer am Abend beginnt. Das heißt, mit dem Sonnenuntergang endet der Tag und der neue beginnt mit  der Nacht, der Zeit des Mondes. Ungewohnt, aber ziemlich logisch. Deshalb findet das erste Teraweeh-Gebet im Monat Ramadan auch am Abend vor dem ersten Fasten statt, denn der 1. Ramadan beginnt ja schon am Abend vorher.

Wie kam es zum Gemeinschaftsprojekt „Zeit des Mondes“ mit der experimenta?
Da kamen einige Übereinstimmungen zusammen. Wir suchten als RAA Berlin in unserem Projekt „inklusivvereint“ ein inklusives Angebot im Ramadan für unsere Projektteilnehmenden. Gleichzeitig waren Johan und sein Team von der experimenta-Sternwarte an der Idee dran, den Mond im Ramadan zu thematisieren. So kam es zu einer sehr schönen Zusammenarbeit, die am Ende für alle ein Erfolg war. Für die muslimische Community in Heilbronn ist es ein besonders schönes Angebot, weil ein Teil ihrer Identität mit viel Respekt, ohne diskriminierende Stereotype, an einem repräsentativen Ort aufgegriffen wird.

Inwiefern kann so ein Format helfen, Verständnis für andere Kulturen und Religionen aufzubauen? Wissen über Kulturen und Religionen zu teilen, ist immer ein guter Ansatz. Was in diesem Fall so außerordentlich ist: Die Show spricht tatsächlich die Zielgruppe der Muslime und Musliminnen direkt an und ermöglicht ihnen einen Raum der Teilhabe. Einen Raum im Herzen der Stadt, in dem sie Wertschätzung und Normalität erfahren können. Die intensive Vorarbeit war sehr darauf ausgerichtet, Belehrungen oder Diskriminierungen zu vermeiden. In den Prozess waren verschiedene Muslime und Musliminnen beratend eingebunden und die Organisatoren haben deren Informationen wertschätzend und auf Augenhöhe verarbeitet und präsentiert. Das macht dieses Format in seiner Entstehung und seiner Durchführung so besonders wertvoll. Und das spüren die Besuchenden.

Ihre Erfahrung aus dem letzten Jahr: Hat man es geschafft, ein neues Publikum zu erreichen?
Ich weiß, dass die experimenta ein großes Interesse hat, alle Zielgruppen zu erreichen. Dafür gibt es wunderbare Formate und Angebote, die sich lohnen entdeckt zu werden. Die Show „Zeit des Mondes“ – mit ihrem mutigen Schritt ein muslimisches Thema für sich sprechen zu lassen, einfach mal ohne Problematisierung und ohne den interreligiösen Kontext – hat nach meinem Eindruck nochmal ganz neue Türen der Wertschätzung geöffnet. Nicht nur in Heilbronn. Wir haben viele, viele Zuschriften aus ganz Deutschland mit dem Wunsch bekommen, die Show auch zu ihnen zu bringen. Und soweit ich weiß, waren auch viele überregionale Gruppen in den Shows im letzten Jahr. Ich denke, da kann man durchaus von Zielgruppenöffnung sprechen.

Die Show „Zeit des Mondes“ ist noch bis zum 17. März zu sehen. Eine Übersicht mit allen Terminen findet sich im Veranstaltungskalender der experimenta.